Waschtag wider Willen

Gestern erst hatte ich Katja noch zum Taxi gebracht, dass sie zum Flughafen gefahren hat. So ganz allein an Bord war es jetzt irgendwie auch langweilig und was gibt es Besseres, als etwas Schwung in die Bude zu bringen? Genau, ich meine damit etwas zu unternehmen! Am besten geeignet sind dafür Aktionen, die einem den Adrenalinspiegel in die Höhe treiben. In meiner Situation klappt das am besten bei dem Gedanken, allein eine Seereise anzutreten und mit der SUMMER zu einem anderen Hafen zu. Es würde ja erst der zweite Einhandtörn mit der SUMMER sein, weshalb ich auch beim Gedanken daran ein gewisses Kribbeln in mir verspürte. Das Wetterfenster sah für eine Reise günstig aus. Ich wollte auf gar keinen Fall bei zu viel Wind allein unterwegs sein und eventuell Schwierigkeiten bei dem Hafenmanöver riskieren. Die Verabschiedungsrunde bei den anderen Seglern und beim Hafenmeister fiel relativ kurz aus und schon gegen 09:15 hatte ich die SUMMER aus der geschützten Marina von San Miguel hinaus auf die offene See gesteuert.

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Alle Systeme liefen einwandfrei und die See empfing mich mit einer sanften Welle und sehr wenig Wind. Der Wetterbericht sagte vorher, dass bis zur Mittagszeit praktisch kein Wind wehen würde und später dann auf moderate 2-3 Beaufort zulegen würde. Ich hatte geplant die Phase der Flaute mit ausgerolltem Großsegel und langsam mitlaufender Maschine zu überbrücken, damit ich pünktlich um 16:30 in San Sebastian auf der Insel La Gomera ankommen würde. Dort hatten Katja und ich ja erst vergangene Woche eine sehr schöne Zeit verbracht. Da die Insel so ganz nach meinem Geschmack war, wollte ich an diese schöne Zeit wieder anknüpfen. Wie geplant tuckerte ich mit 5 Knoten und null Schräglage bei ruhiger See meinem Zielhafen entgegen…….

Gegen 14:10 wurde auf einmal alles ganz anders . Ich lag auf dem Rücken im Cockpit und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut, als der Wind merklich zulegte. Die SUMMER legte sich leicht auf die Seite unter dem schnell zunehmenden Winddruck in dem Segel. Schnell rollte ich noch die Genua aus und freute mich endlich den Motor ausstellen zu dürfen. Hatte ich doch die ganze Zeit nicht mehr als 7 Knoten Wind auf der Anzeige, waren es jetzt schon 13 Knoten. Herrlich, endlich Segeln! Gar nicht herrlich war, dass innerhalb von 5 Minuten auf einmal 22 bis 24 Knoten auf der Anzeige standen!  Die SUMMER legte sich mächtig auf die Backe (Seite) und das Seewasser flutete schon das Deck weil die Segelfläche für diese Verhältnisse viel zu groß war. Ich war so dermaßen von der neuen Situation überrascht und überfahren, dass ich  mich erst einmal kurz sammeln musste. Schnell wurden Genua und Großsegel gerefft und dann ging die Post ab! Der Wind nahm auf 28 bis 30 Knoten zu, was  sieben Beaufort entspricht und schon eine ordentliche Ansage ist. Mit bis zu 7,5 Knoten pflügte SUMMER durch die sich immer stärker aufbauenden Wellen, obwohl das Großsegel fast schon völlig eingerollt war.

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Meine eigentliche Sorge betraf eigentlich mehr dem Umstand, dass wir uns eine Stunde später bereits unmittelbar vor San Sebastian befanden und der Wind keinesfalls nachlassen wollte. Ich kämpfte mit mir, ob ich es riskieren sollte den Hafen unter den Bedingungen anzulaufen. Erstens war ich ja alleine unterwegs und zweitens würde die Situation im Hafen auch nicht ganz einfach werden. Letztendlich entschloss ich mich aber es zu wagen. Interessanterweise fühlte ich mich absolut ruhig und entschlossen. Unsere SUMMER vermittelte mir wieder einmal sehr viel Vertrauen und Zuversicht. Ich war fest davon überzeugt, dass wir was auch kommen sollte zusammen meistern würden.

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Je näher wir an die Küste heran kamen, desto höher und vor allen Dingen steiler wurden die Wellen. Das Wasser spritzte über das gesamte Deck und nicht nur einmal gab es eine ordentliche Dusche mit salzigem Atlantikwasser. Irgendwann aber waren wir dann im Vorhafen, wo schon die AIDA festgemacht hatte. Über Kanal 9 meldete ich uns beim Hafenmeister an und bat um Hilfe beim Anlegen. Die bekamen wir dann auch. Der Marinero winkte mich an Steg 2 und führte mich zu unserer Box. Der Fingersteg war deutlich zu kurz für unsere 12,60m und zusätzlich blies der Wind auch noch kräftig von hinten auf das Heck. Aber Dank der Hilfe des Marineros und ein paar freundlichen Seglern, lag die SUMMER kurze Zeit später sicher vertäut an Ihrem Platz. Vielen Dank noch einmal an alle lieben Seglerkollegen! Nach einer kurzen Verschnaufpause und einem kurzen „Hallo“ an unsere Stegnachbarn, legte ich den Landstrom und entsalzte die brave SUMMER gründlich mit Süßwasser. Das hatte sie sich aber auch wirklich verdient! Das Motto war wieder einmal „erst das Pferd dann der Reiter“. Dann noch schnell anmelden im Hafenbüro und die nassen Klamotten gewechselt. Alles war nun gut und die Welt in Ordnung. Am Abend wurde ich von Herbert aus der Schweiz, der mit seiner Asma und zwei süßen kleinen Kindern von 2,5 und 3,5 Jahren mit ihrer Segelyacht MAYA auf Weltreise, ist spontan zum Essen eingeladen. Lecker war es und hat mir viel Spaß gemacht, den Abend in so lebhafter Gesellschaft zu verbringen. Überhaupt war der Empfang am Steg überaus herzlich und für mich ein schönes Erlebnis. So durfte es ruhig weitergehen!

PS: Erst im Vorhafen der Marina habe ich bemerkt, dass auch noch Schleppangel mit 50m Leine ausgelegt war 🙂

 

 

2 Gedanken zu „Waschtag wider Willen

  1. Hallo Dietmar,
    ich habe Dein Logbuch vom 13.01.15 gelesen.
    Da hast Du ja einen richtigen Höllenritt absolviert ja, man sollte so einen Toern
    möglichst zu zweit machen oder nicht ?
    Gruß
    Dein Daddy

  2. Zu der Antwort von Dieter kann ich nicht mehr hinzufügen. Werde bitte nicht leichtsinnig, zumal Du allein an Bord bis. Wir wollen länger etwas von Dir haben.
    Liebe Grüße von Deiner Jutta

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