Unser Flug nach Boston war für Freitagvormittag um halb elf geplant. Sicherheitshalber waren wir schon kurz vor acht Uhr am Flughafen. Wir brauchten ja noch etwas mehr Zeit, um noch ordentlich zu Frühstücken . In unserer Wohnung war nichts Nahrhaftes mehr zu finden, da im blitzsauberen und abgeschalteten Kühlschrank natürlich schon gähnende Leere herrschte.
Leider war unser Check-in Schalter noch nicht geöffnet und wir mussten unser 60 Kilo schweres Gepäck mit zum Frühstückstisch nehmen. Das Handgepäck war in der Gewichtsmenge noch nicht mit eingerechnet und brachte bestimmt auch noch einmal zusätzlich 25 Kilo auf die Waage 🙂 Gut, dass es Gepäckwagen gibt 🙂 Segler reisen halt fast immer mit merkwürdigem Gepäck und wir waren sehr froh, dass Condor in der Economie Premium bis 32 Kilo Freigepäck erlaubt.
Gestärkt mit Kaffee und belegten Brötchen stellten wir uns um halb neun in die Schlage vor den Schalter. Unser erster Flug ging nach Manchester UK und von dort aus weiter nach Boston/USA. Irgendwie war heute aber der Wurm drin und die junge Dame verzweifelte schier an unserer Buchung. Es begann schon mit der Gepäckmenge, dann konnte sie uns keinen Sitzplatz zuweisen und durchbuchen bis nach Boston ging gar nicht. Nach einer Viertelstunde quittierte dann auch ihr Computer den Dienst. So wurden wir an ihre Kollegin weitergereicht. Die Schlange hinter uns wurde immer länger, aber nach fast 30 Minuten war es dann vollbracht. Wir hatten unser Ticket für den ersten Flug in der Hand und das Gepäck sind wir auch los geworden.
Die weitere Reise verlief ohne bemerkenswerte Ereignisse und wir landeten wie geplant am Nachmittag in Boston. Hier nahmen wir dann unseren Mietwagen entgegen, nachdem wir mit unserem Gepäck gefühlt durch den ganzen Flughafen gezogen und zu guter letzt auch noch Bus gefahren sind.
Langsam quälten wir uns mit dem Freitagnachmittagsverkehr in Richtung Westen und hinaus aus der Stadt. In der Gegend von Springfield verließen wir den Highway, um uns an der kleineren Staatsstrasse ein Hotel zu suchen. Für diese Nacht hatte ich noch keine Unterkunft im Voraus gebucht, da ich nicht einschätzen konnte, wann wir im dem Auto loskommen würden und wann uns die Müdigkeit einholen würde. So mussten wir feststellen, dass genau an diesem Wochenende in der Region eine große Fahrradveranstaltung mit 5000 Teilnehmern statt fand. Alle Motels, die wir ansteuerten, waren schon ausgebucht. So fuhren wir immer weiter und irgendwann war es uns auch egal, wie das Motel von aussen aussah. Ein Bett musste her, aber dalli. Gegen halb zehn ( in Deutschland war es schon morgens um halb vier) fanden wir endlich ein Zimmer und fielen totmüde ins Bett.
Dank des Jetlags waren wir am nächsten Morgen schon wieder früh unterwegs. Nach einem ausgiebigen Frühstück bei McDonalds trödelten wir gemächlich unsem Ziel, den Niagarafällen entgegen. Das Wetter war herrlich und die Landschaft rechts und links der Strasse war grün und üppig. Kleine Dörfer mit den typischen amerikanischen Holzhäusern säumten die Strasse. Nach der Mittgaspause mußten wir aber ein etwas anderes Tempo vorlegen, da wir ja noch am Nachmittag in Buffalo in unserem Hotel ankommen wollten. Dort gönnten wir uns erstmal eine Mütze voll Schlaf, bis wir dann zu den berühmten Wasserfällen aufbrachen. Mit viel Grück erwischten wir einen Parkplatz direkt vor dem Besucherzentrum. Rund um den Niagara-Fall-State-Park war die Hölle los. Wir ließen uns einfach mit dem Strom treiben und landeten so an der ersten Aussichtsplattform. Was für ein Schauspiel 🙂 Gut, dass Dietmar mittlerweile auch unter die Fotografen gegangen ist. Das macht ihn doch viel geduldiger. So ein schönes Motiv bekommt man ja nicht alle Tage vor die Linse.
Heute blieben wir wie geplant auf der amerikanischen Seite und klapperten alle Aussichtsplätze bis zum Horseshoe-Fall ab. Vor allen besonderen und extra zu bezahltenden Attraktionen hatten sich lange Schlangen gebildet. Daher entschieden wir uns, dass wir weder mit dem Boot noch zu Fuss so nah an die Fälle heran kommen wollten, bis wir unweigerlich bis auf die Haut durchnässt sein würden.
Wasser haben wir ja als Segler oft genug im Leben, da konnten wir heute auch einmal gut darauf verzichten.
Nach einem spektakulären Sonnenuntergang warteten wir noch auf die Dunkelheit, um die Fälle auch beleutet zu bewundern. Da waren wir nicht die Einzigen und es ging fast noch gedrängter zu als am Tage. Aber das Schauspiel war es wirklich wert.
Nach einer erholsamen Nacht in unserem tollen Hotel brachen wir extra früh auf, um über die kanadische Grenze auf die andere Seite der Niagara-Fälle zu kommen. Dort wollten wir uns von Skyton, dem 250 Meter hohen Aussichtturm, einen Überblick über die gewaltigen Wasserfälle verschaffen. Früh am Morgen lagen die anderen Touristen wohl noch friedlich in ihren Betten und wir waren die ersten, die am Aussichtsturm ankamen. Dort mussten wir zwar dann nicht Schlange stehen, aber doch warten, dieser um acht Uhr die Türen endlich geöffnet wurden. Die Fahrstühle werden aussen am Turm in die Höhe gezogen. Hätte ich das mal vorher gewusst! Das war nichts für meine Nerven. Während Dietmar die Aussicht genoss, suchte ich mir schnell ein vermeindlich sicheres Plätzchen an der Rückseite in der Kabine. Oben angekommen und mit festen Boden unter den Füssen konnte ich die Aussicht aber auch geniessen :-).
Das Frühstück, das ich Dietmar versprochen hatte, konnten wir aber nicht wie gedacht in luftiger Höhe auf dem Aussichtsturm verputzen. Das Restaurant öffnete erst um halb elf. So lange wollten wir dann hier oben doch nicht ausharren, und fanden in einer Passage eine wunderbare Alternative: The Famous, ein Restaurant der Superlative. Schon allein die vier riesigen, dicken Toastscheiben wären ein ausreichendes Frühstück gewesen. Aber sie waren nur die Beilage zu dem Omlette, das auch noch mit Bratkartoffeln serviert wurde. Obwohl alles wirklich sehr lecker war, schafften wir unsere Portion nicht. Da mussten wir einfach die Daumen drücken, dass das Wetter morgen trotzdem gut bleiben würde, trotz nicht leer gegessener Teller.
Wir spazierten noch einmal auf kanadischer Seite an den Fällen vorbei und waren irgendwann der Meinung, dass wir genug gesehen hatten. Zurück in Amerika machten wir noch einen Abstecher zu dem „Wirlpool“, einer Haarnadelkehre des Flusses mit beeindruckenden Strudeln und Wasserwalzen.
Heute lag noch eine recht weite Stecke vor uns, bis wir unser nächstes Quartier in Killington in den Green Mountains erreichen würden. Aber abwechselnd fahrend und schlafen kamen wir schnell und sicher ans Ziel. Die Landschaft hatte sich vollkommen verändert und wir fuhren schon seit einiger Zeit durch tiefe, grüne Wälder. Unser Hotel lang in Vermont am Rande eines grossen Wintersportgebietes und stammte eindeutig aus einer anderen Zeit.
Etwas weiter der Strasse entlang fanden wir das Restaurant mit den besten Grillrippchen der Welt, geführt von einer Polin :-). Wieder zeigte sich, dass wir den amerikanischen Portionen nicht gewachsen waren. Als die Bedienung uns noch einen Nachtisch anbot, konnten wir nur noch müde lächeln. Für den war wirklich absolut kein Platz mehr. Mehr vollgefressen als satt fuhren wir zurück ins Hotel.