Man sollte meinen, dass Europa in unserer Zeit ein Gebiet ist, von dem eindeutiges Seekartenmaterial vorliegt. Weit gefehlt! Für die Zufahrt des Hafens von San Vincent lagen die Werte bezüglich Wassertiefe auf verschiedenen Seekarten doch recht weit auseinander. Unterschiedliche Angaben von 0,5 bis 3 Meter Wassertiefe ist eine Bandbreite, die zu großen Problemen führen kann. Da man als Segler lieber kein Risiko eingeht, machten wir uns auf die Suche nach einem anderen Hafen. Das ist in den Rias ja kein großes Problem denn hier kann man problemlos Alternativen finden. Wir wählten den Hafen in Sanxenxos oder alternativ auch die Ankerbucht direkt daneben.
Nach dem Frühstück hieß es also dann „Anker auf“. Das Manöver mit neuer Arbeitsteilung (Katja am Steuer/Dietmar an der Ankerwinsch) gelang auf Anhieb. So gesehen ist Ankern doch sehr entspannt. Wenn die Ankerkette im Kasten verschwunden ist, ist man direkt reisefertig und muss weder Leinen, noch Fender verräumen.
Ein entspannter Tagestörn von 35 Seemeilen lag vor uns. Irgendwann kam dann auch der versprochene Wind auf und wir genossen den tollen, sonnigen Tag an der schönen Küste. Schon am Nachmittag erreichten wir die Bucht und entschlossen uns, doch noch einmal vor Anker zu gehen. Eine gute Entscheidung, wie wir im Nachhinein feststellen durften. Der Hafen von Sanxenxos ist mit 45,00 €/Nacht echt teuer und war auf Grund einer Veranstaltung sowieso komplett überbelegt.
An unserem Ankerplatz direkt vor der Badebucht von Sanxenxos tobte das spanische Ferienleben. Viele Segel- und Motoryachten lagen für einen Badestopp vor Anker. Am breiten Sandstrand reihten sich die Handtücher dicht an dicht. Vom Land her kamen die Spanier mit Tretbooten, Jetskis und Kanus. Meist waren es Jugendliche, die ihre Deutschkenntnisse an uns testeten. „Hallo?! Guten Tag“ schallte es immer wieder zu uns an Deck.
Wir entschieden uns, den heutigen Abend auf dem Boot zu verbringen. Nur allein die Vorstellung, dass alle die, die wir heute am Strand gesehen hatten, abends die Bars und Restaurants bevölkern würden, schreckte uns ab. So wanderte unser Maishähnchen in den Backofen und bald wurde im Restaurant „SUMMER“ das Abendessen serviert.
Langsam wurde es auch ruhig um uns herum, nur wenige Yachten wollten wirklich die Nacht in der Bucht verbringen. Der Rest zog in unterschiedliche Richtungen von dannen. Wir machten es uns bei einer Runde Scrabble gemütlich, die ich schon zum zweiten Mal hintereinander glorreich verlor 🙁 Ich hätte nicht gedacht, dass man bei diesem Spiel auch schummeln kann, aber irgendwas ist doch wohl faul hier 🙂 Ich werde dem Herrn Kapitän schon noch auf die Schliche kommen.
Kurz nach Mitternacht verzogen wir uns dann in die Kojen. Aber schon um ein Uhr stand ich wieder senkrecht im Bett. Die Party im Hafen dröhnte trotz geschlossener Luken so laut durchs Schiff, dass an Schlafen nicht zu denken war. Wenigstens war die Musikauswahl nach unserem Geschmack und schlafen wird ja auch völlig überbewertet 🙂
Etwas verschlafen machten wir am nächsten Morgen das Dinghi klar, um zusammen mit Martin und Violetta von der SY GANESCHA wenigstens eine kurzen Landausflug zu machen. Da wir unsere Beiboote aber nicht den spanische Jugendlichen am Strand überlassen wollten, ohne Möglichkeit, sie sicher festzuschließen, fuhren wir nach Porto Nuovo in den Hafen. Hier fanden wir eine glitschige Rampe, an der wir anlanden konnten und unsere Dinghis sicher festmachten. Wir spazierten entlang der Uferpromenade, die direkt am gepflegten und ordentlich geharkten Sandstrand entlang verlief. Nach einem kurzen Abstecher über den Markt, auf dem man von „Markenturnschuhen“ für 12 € bis zur Kartoffel eigentlich alles kaufen konnte, machten wir uns schon wieder auf den Rückweg. Im Hafen angekommen mussten wir feststellen, dass wir nicht bei dem niedrigsten Wasserstand angekommen waren, wie wir gedacht hatten. So lagen die Dinghis weitere eineinhalb Meter tiefer unter uns. Einsteigen wäre also nur durch einen beherzten Sprung von der glitschigen Betonrampe möglich. So sportlich wollte aber heute keiner sein und auch für Goofy, den Bordhund der SY GANESCHA, wäre das keine Alternative gewesen. Nachdem wir die Leine des zweiten Dinghis mit der Hundeleine von Goofy verlängert hatten, konnten wir unsere Beiboote entlang der Hafenmauer an eine Treppe verholen und endlich den Rückweg antreten.
Wieder zurück an Bord, wollten wir nach einer Badepause in Richtung Cambarro weitersegeln. Eigentlich war das Baden ja meine Idee gewesen, inspiriert von den vielen badenden Spaniern. Nach einem Wassertemperaturtest mit dem großen Zeh musste ich aber feststellen, dass hier für mich noch keine geeigneten Badebedingungen vorlagen. Dietmar war da wesentlich härter im Nehmen auch wenn es eine Weile dauerte. Letztendlich nahm er ein Bad, während ich an Deck wieder mal schwächelte.
So war ich aber dann in der Lage ihm schnell zur Hilfe zu eilen, nachdem er sich beim aus dem Wasser klettern mit dem Außenborder angelegt hatte. Gut, dass wir den tollen erste Hilfe-Kurs gemacht hatten 🙂 Aber keine Sorge, so schlimm war das dann auch nicht. Meine erlernten Fähigkeiten eine Platzwunde zu nähen, durfte ich hier leider nicht anbringen. Aber ein schön geklebtes Pflaster ist ja auch schon ein guter Anfang. Man sollte sich einfach nicht mit Stärkeren anlegen.
Nach dem Kaffee sollte es dann weiter nach Combarro gehen, ein Katzensprung von nur sieben Seemeilen. Eigentlich lohnt sich so eine Strecke ja gar nicht, aber es sollte dort laut unserem Reiseführer sehr schön sein, dort am Ende der Ria. Wieder lud der Wind zum entspannten Segeln ein und eine Stunde später machten wir im Hafen von Combarro an der Außenmole fest.
Zurück in der Zivilisation mit Strom und Internet vergaß der Kapitän sogar sein Anlegerbier. Aber schön, wenn man wieder online ist. In einer Woche sammeln sich schon ein paar Dinge an, die gelesen, kommentiert oder erledigt werden wollen. Nach dem Abendessen mit den selbstgefangenen Makrelen, lockte aber die Musik aus der Stadt und das Internet musste warten. Auf dem kleinen Marktplatz von Combaro, durfen wir der Vorführung der örtliche Kinder-Tanzgruppe beiwohnen.
Danach wollten wir aber noch nicht nach Hause. Ein wenig wollten wir noch die tolle Stimmung im Ort genießen. So folgten wir unauffällig dem Strom der Einheimischen in die wunderschöne Altstadt zu einer kleinen, verwinkelten Gasse mit unzähligen Bars, Restaurants und Geschäften. Eigentlich schade, dass wir schon gegessen hatten. Morgen werden wir hier auf jeden Fall unseren Abend verbringen. Sicherheitshalber aber mit Wörterbuch, anscheinend werden auch in Spanien gar merkwürdige Dinge serviert. Wir sind zwar experimentierfreudig, aber alles hat seine Grenzen.