Pünktlich wie die Maurer um 21.45 stand mein alter Freund Maik mit seiner roten Reisetasche vor der Gangway unserer CESARINA. Nach einem großen „Hallo“ ließen wir den Abend im Cockpit bei einem Bier ausklingen. Zuvor hatte er schnell die lange Hose gegen eine kurze getauscht und die Schuhe bis zum Ende der Reise in unserer Quarantänebox an Deck deponiert. Bei der Wärme genügen Flip-Flops schließlich voll und ganz. Da Maik die letzten 24 Stunden quer durch USA geflogen war, um hierher zu kommen, war er natürlich endfertig und reif für Koje.
Für den nächsten Tag stand der erste kurze Törn zum Eingewöhnen nach Iles Le Saints an. Maik und seine Frau Sabine gehen in Kalifornien schon seit fast einem Jahr auf eine Abendschule, um dort ihre Segelscheine zu machen. Schon nach den ersten Meilen war deutlich zu erkennen, dass es nicht seine erste Reise auf einem Segler war. So ließ ich ihn auch die fast komplette Strecke von 24 Seemeilen die CESARINA steuern und er hatte scheinbar eine sehr große Freude an seinem Job. Trotz oder wegen ihrer Größe ist es manchmal gar nicht so einfach, dabei alles richtig zu machen. Alle Manöver klappten gut und das Vertrauen in meinen Co-Skipper wuchs. Schließlich habe ich das Steuer von meinem Liebling bisher kaum aus der Hand gegeben. Am Ende fanden wir einen genialen Ankerplatz und ließen den aufregenden Tag Revue passieren, bevor wir spät in der Nacht in den Kojen verschwanden. So etwas nennt man einen gelungenen Start.
Am nächsten Morgen ging es mit dem Dinghy an den Strand von Bourg des Saintes, weil wir uns auf der Insel gern einmal umschauen wollten. Der Ausflug dauerte gut und gern fünf Stunden. Wir wanderten an die Westspitze von Le Saints und hatten das Gefühl, dass die Insel von freilaufenden Ziegen und Hunden bevölkert ist. Auf der Wasserseite beherrschen unzählig viele Pelikane die Buchten und jagen in recht spektakulären Sturzflügen nach Fischen. Zum Schluss ging es dann noch den recht steilen und langen Weg hinauf zur Festung „Fort Napoleon“. Gott sei Dank wird wohl kaum einer der Kreuzfahrer dort zu Fuß hinauflaufen. Somit hatten wir viel Zeit und Ruhe den herrlichen Ausblick über die Insel und das Meer zu genießen. Am Ende haben wir dann noch ein paar frische Tomaten und etwas Gemüse eingekauft. Zu meiner großen Freude hatte Maik mir gesteckt, dass er gern kocht und den Job an Bord auch gern übernehmen würde. Sonst hätte es eben die Woche über nur Spiegeleier, Joghurts und Bier aus der Bordküche gegeben J
Am Montag gingen wir um neun Uhr Anker auf, denn es stand ein Törn an die Westküste von Guadeloupe nach Pigeon Island an. Gegen 13:00 ließen wir den Anker circa eine halbe Meile vor dem Strand von Petit Malendure fallen. Hier steht ganz klar der Tauchsport im Vordergrund. In dem Ort bieten ein Dutzend Tauchcenter Exkursionen zum „Costeau Reef“ an. Es wurde nach dem berühmten französischen Meeresforscher Jack Costeau benannt. Klasse, wenn die Menschen immer mehr begreifen, dass es wesentlich nachhaltiger ist, mit der Schönheit der Natur den Lebensunterhalt zu verdienen anstaat auch noch den letzten Fisch zu fangen und die Riffe zu zerstören. So buchten auch wir einen Tauchgang für den nächsten Tag. Maik ist ein sehr guter Taucher und wir beide waren sehr überrascht von der Schönheit der Unterwasserwelt in dem warmen und kristallklaren Wasser. Unzählig viele verschiedene Korallenarten und bunte Tropenfische ließen den Tauchgang zu einem eindrucksvollen Erlebnis werden. Leider sind die Bilder mit meinem neuen Weitwinkelobjektiv nicht so gut geworden, da ich leider vergessen hatte die Luft aus dem Hohlraum des Kameragehäuses und der Linse entweichen zu lassen. Passiert mir auch nicht wieder.
Aber das war nicht der einzige Höhepunkt des Tages. Wir hatten beschlossen, über Nacht nach Falmouth Harbour/Antigua zu segeln. Der Wind sollte von Donnerstag bis zum Ende der Woche auf Nord drehen und dann hätten wir es schwer gehabt, bis Samstag nach Antigua zu kommen, damit Maik seinen Flieger erreichen kann. Der Wetterbericht sagte sehr schwache Winde voraus und somit rechneten wir mit einer Reisedauer von elf bis zwölf Stunden für die Strecke von 55 Seemeilen. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit gingen wir Anker auf und setzten die Segel. Gut, dass wir zuvor immer wieder diese Manöver geübt hatten, denn bei Nacht sollte jeder Handgriff sitzen. Maik steuerte die CESARINA aus der Bucht heraus und ging dann auf Kurs Nord. Eindrucksvoller als in dieser Nacht hätte eine Nachtfahrt für einen Segelnovizen kaum sein können. Der Sternenhimmel war überwältigend und die CESARINA glitt sanft durch das Wasser. Da man ja nicht viel sieht, werden die Ohren plötzlich zu Augen und sprechen die Sinne ganz anders an. Der Wind frischte immer mehr auf und aus den geplanten 5 Knoten Reisegeschwindigkeit wurden dann 7,5 bis 8,5 Knoten Speed. Es ist für mich immer wieder ein großartiges Gefühl zu spüren, wieviel Sicherheit und Kraft unsere CESARINA vermittelt. Scheinbar ging es Maik ähnlich, denn er konnte einfach keine Ruhe finden. Das Vertrauen in ihn ließ mich derweil völlig entspannt für eine Stunde in der Koje tief und fest schlafen. Mit anderen Worten, er hatte seine Probezeit bestanden J
Der unerwartet hohe Speed hatte zur Folge, dass wir schon um halb drei Uhr Nachts vor der Einfahrt von Falmouth Harbour standen. Das Handbuch warnt ausdrücklich davor in die Bucht bei Nacht einzulaufen. Untiefen und unbeleuchtete Objekte bedeuten ja auch ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Wäre ich nicht schon einmal hier gewesen, hätte ich die Passage auch nicht gemacht. Nach kurzer Zeit lagen wir aber sicher vor Anker und wir konnten dann auch bald beruhigt schlagen gehen.
Am Donnerstag nahmen wir nach dann den Lokal-Bus nach St. John und machten einen Rundgang durch die Stadt. Das örtliche Museum besuchten wir auch. Ganz besonders die traurige Geschichte der Sklaverei ging uns beiden ans Gemüt. Wie grausam die Menschen doch sein können. Wenn ich dann an die aktuelle Situation in Deutschland denke, wo die vielen abgrundtief unmenschlichen Posts über Flüchtlinge bei Facebook und Konsorten erscheinen, schäme ich mich ganz besonders. An dem Nachmittag habe ich mir gewünscht, dass sich genau die Kameraden doch einmal hier vor Ort ein Bild machen sollten, wie gut es uns in Deutschland geht. Aber ich fürchte, das wäre „in den Wind gesprochen“.
Am Freitag segelten wir dann in Richtung Jolly Harbour und ließen den Anker in der Deep Bay fallen. Ich wusste, dass die SY LONI 3 mit Eckhard und seiner Frau Loni auch hier sein würde. Wir sind damals zusammen über die Biskaya gesegelt und haben seitdem immer Kontakt gehalten.
Wegen unseres Tiefgangs von 2,60m hatten wir lieber einen Ankerplatz im tieferen Wasser gewählt und ich war ein paar hundert Meter durch die Bucht zum Ankerplatz der LONI 3 geschwommen. Zur Begrüßung hatte Eckhard einen Sundowner kreiert, der es in sich hatte. Nach weiteren 3 Stunden war ich immer noch betrunken. Selbst nach der Schwimmerei zurück an Bord war mir immer noch schwindelig. Wenn Eckhard was macht, dann macht er es wirklich gründlich. Am nächsten Tag habe ich erfahren, dass 80%-tiger Rum mit im Spiel war J Cheers!
Die Woche ging schnell vorüber und am Samstag gegen halb eins saß Maik dann auch schon im Taxi zum Flughafen. Wir hatten eine gute Woche und er konnte zumindest mal für ein paar Tage etwas Sonne tanken und seine Firma zumindest zeitweise vergessen. Nur rein zum „Selbstschutz“ würde ich am liebsten die Smartphones von unseren Gästen, die zur Erholung hier an Bord kommen, in den Tresor schließen oder die Emailfunktion außer Betrieb setzen.
Jedenfalls freue ich mich schon sehr auf meinen Tauchgang am Montagvormittag mit „INDIGO Divers“ und auf die Rückkehr von Katja am Montagnachmittag J