Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann kann ich schon etwas anstrengend werden. Und die Geschichte mit dem Elch hatte mittlerweile schon eine recht hohe Priorität. Nach drei Tagen mit schönen, aber elchlosen Wanderungen begann ich mit der Internetrecherche. Wenn der Elch nicht zu mir kommen wollte, dann würde ich eben zum Elch fahren.
Besonders beliebt bei Elchen sind die komplett bewaldeten Gebiete im Norden und Osten von Maine an der Grenze zu Kanada. Natürlich nicht der kürzeste Weg, aber wenn schon, denn schon. So entschied ich mich für die Region um den Moosehead Lake im Norden von Maine, drei Autostunden von Southwest Harbor entfernt. Hier wollte ich eine geführte Tour mit Kanu und Van unternehmen. Zähneknirschend entschied ich mich für die Nachmittagstour. Morgens wäre mir ja eigentlich viel lieber gewesen, aber um zwei Uhr in der Früh mit dem Auto zu starten, um pünktlich um halb sechs vor Ort zu sein, das war sogar für mich zu viel des Guten. Ein Auto galt es auch noch zu organisieren. Mit dem kostenlosen „Island Explorer“-Bus fuhr ich zum Flughafen. Nach nur zwei Stunden Fahrzeit mit dem Trödelbus erreichte ich endlich den Flughafen (Fahrzeit mit dem Auto ca. 25 Minuten :-)) und begab mich schon zum vierten Mal an dem Schalter der Autovermietung. Nach harten Verhandlungen konnte ich mit meinem Mietwagen von dannen ziehen, der diesmal für drei Tage deutlich günstiger gewesen war als für die zwei Tage bei der ersten Anmietung.
Deutlich schneller war ich so zurück in Southwest Harbor und half Dietmar noch ein bisschen auf der Werft. Morgen wollte er die Aufbauten lackieren, dafür musste zuvor alles schön angeschliffen werden. Er erzählt ja immer gern wieder, dass er zu einem Lackierpinsel mutiert ist, seit wir unsere CESARINA besitzen. Dass ich aber auch zum Schleifpapier mutieren sollte, davon hatte vorher keiner was gesagt. Aber morgen habe ich ja frei und will mich auch gar nicht beklagen 🙂
Den Abend verbrachten wir mit Freunden und leckerem Essen beim Mexikaner gleich um die Ecke. Ein schöner Abend, für den wir uns in Kürze gern mit einem Dinner an Bord bedanken wollen, wenn unsere CESARINA wieder im Wasser schwimmt. Das sollte ja in Kürze wieder möglich sein.
Am nächsten Morgen machte ich mich gegen elf Uhr auf den Weg nach Greenville am Moosehead Lake. Der Samstagsverkehr brachte mir mehrere Verkehrsstaus auf der Landstraße ein, die aber meine großzügige Zeitplanung locker ausgleichen konnte. So erreichte ich Greenville gut zwei Stunden vor dem Start der Tour uns konnte mich noch ein bisschen umsehen. Hier drehte sich wirklich alles um den Elch. Schon an der Straße waren deutlich mehr und zusätzlich noch blinkende Warnschilder „ Moose Crossing“ aufgestellt. Hier war ich wohl richtig. Die Gegend war wunderschön und ich entschied mich noch ein bisschen um den See herum zu fahren. Leider suchte ich mir die falsche Seite aus, denn die Straße führte ohne jegliche Aussicht durch den tiefen Wald. Auf dem Rückweg erstand ich sicherheitshalber noch einen Holzelch 🙂 Falls es also mit dem echten Getier nicht klappen sollte, würde ich wenigstens mit einem Holz-Elch zurückkommen.
Pünktlich um halb vier machte sich die Gruppe mit unserem Guide Steve auf den Weg. Mit dem Van ging es auf Schotterstraßen tief in das Seengebiet hinein. Große Gebiete hier oben gehören verschiedenen. großen Holzfällerunternehmen. Sie erlauben der Öffentlichkeit die Nutzung der von ihnen angelegten Straßen, soweit sie Firmenfahrzeuge nicht behindern. Nach knapp einer Stunde erreichten wir einen Parkplatz am Ufer eines wunderschönen Sees. Den konnten wir aber noch nicht sehen, da Steve erstmal alleine ans Ufer schlich, um nach Elchen Ausschau zu halten. Wie wir auf der Fahr hierher schon gelernt hatten, sehen Elche schlecht und hören gut. So folgten wir erst, nachdem leider kein Elch am Ufer zu sehen war und brachten möglichst leise die Kanus ins Wasser. Schweigend und möglichst leise paddelten wir rund um den See. Elche lieben die Ufergebiete mit Binsen, die sie mit dem Kopf unter Wasser abweiden. Trotz unserer Bemühungen war am Ufer kein Elch zu sehen, aber die Kanutour war trotzdem schön und entspannend 🙂
Als wir zurück am Ufer angelangt waren und die Kanus verstaut hatten, hatten wir a noch gut zwei Stunden Zeit, einen Elch zu entdecken. Mittlerweile stand die Sonne auch nicht mehr so hoch am Himmel und die Bedingungen wurden immer besser.
Schon am nächsten Seeufer, das wir ansteuerten, wurde Steve fündig. Nicht weit entfernt weidete eine Elchkuh. Leise schlichen wir uns an und beobachten die Dame. Die ließ sich nicht von uns beeindrucken. Der Hunger war größer. Als Steve sie dazu bewegen wollte, wenigstens mal den Kopf über die Binsen zu heben und dazu kräftig im Wasser platschte, war nur ein müdes Wackeln mit den Ohren zu beobachten. Und schon wieder war der Kopf zum Fressen unter Wasser verschwunden 🙂
Bis pünktlich um acht Uhr durchstreiften wir den Wald und sahen in weiter Ferne tatsächlich noch einen zweiten Elch. Elche gibt es hier oben wohl genug. Angeblich gibt es dreimal so viel wie Menschen, die hier leben. Problematisch ist halt, dass der Elch ein Einzelgänger ist und der Wald sehr wild und undurchdringlich ist. Ich möchte gar nicht wissen, an wie vielen Elchen wir vorbei gefahren sind mit weniger als 10 Metern Abstand 🙂 Für mich war der Ausflug auf jeden Fall ein voller Erfolg 🙂
Jetzt musste ich nur noch wieder nach Southwest Harbor zurück. Im Norden von Maine ist der Ausbau des Mobilfunknetzes leider recht dürftig und meine Routenplanung mit Google Maps leitete mich über merkwürdige kleine Straßen 🙁 Hier wollte ich lieber keine Panne haben 🙁 Mein Telefon funktionierte gar nicht und bis morgen früh käme hier bestimmt keiner vorbei. Gut, dass ich so einen tapferen und zuverlässigen, kleinen Mietwagen hatte. Irgendwann hatte ich dann auch die Interstate wiedergefunden und von da aus war es ein Kinderspiel zurück nach Southwest Harbor zu finden. Dietmar schlief schon den Schlaf der Gerechten, als ich mich möglichst leise über die Leiter auf unsere Baustelle schlich. Er hatte ja auch den ganzen Tag fleißig gearbeitet und lackiert, da wollte ich ihn auch nicht wecken 🙂